Kundennähe – kaum ein Begriff wird so oft bemüht und so selten mit Leben gefüllt. In Marketingbroschüren, Unternehmenswerten und Vertriebsleitbildern taucht er regelmäßig auf. Doch was bedeutet Kundennähe wirklich, wenn man sie nicht als Schlagwort, sondern als gelebte Haltung versteht?
In einer neuen Folge unseres Podcasts „Bessere Kunden verdienen bessere Unternehmen“ spricht Andreas Dolle mit Florian Richter, Senior Manager Solutions & Services bei Lenovo. Das Gespräch ist ein eindrucksvolles Plädoyer für Haltung, Verantwortung und Substanz im Vertrieb – und zeigt, was passiert, wenn eine Organisation beginnt, konsequent aus Sicht ihrer Kunden zu denken.
In diesem Blogbeitrag fassen wir die zentralen Gedanken des Gesprächs zusammen und beleuchten, warum Kundenzentrierung kein Projekt ist – sondern ein echter Kulturwandel.
Wer Kundennähe ernst nimmt, muss zunächst bereit sein, die eigene Perspektive zu verlassen. Genau das ist für Florian Richter der zentrale Wendepunkt: Weg vom transaktionalen Produktvertrieb – hin zu echter Relevanz im Alltag des Kunden. Nicht der Verkaufsprozess steht im Vordergrund, sondern das, was den Kunden wirklich bewegt.
„Es beginnt mit echtem Interesse“, sagt Florian. Und meint damit: Verstehen wollen, wie der Kunde Geld verdient, welche Herausforderungen sich abzeichnen und welche strategischen Ziele er verfolgt. Es ist der Unterschied zwischen einem Pitch und einem Dialog. Zwischen Verkaufsabsicht und partnerschaftlicher Neugier.
Kundenzentrierung bedeutet in diesem Verständnis nicht, ein CRM-System zu nutzen oder Checklisten abzuhaken. Sie beginnt bei der inneren Haltung – und zeigt sich in der Bereitschaft, gute Fragen zu stellen:
Solche Fragen sind kein rhetorisches Mittel. Sie sind Ausdruck von Respekt und Tiefe – und eröffnen die Möglichkeit, nicht nur Anbieter zu sein, sondern echter Partner.
In vielen Unternehmen wird Kundennähe kommuniziert – in Kampagnen, Leitbildern, auf Webseiten. Doch häufig bleibt es bei Formulierungen. Florian Richter spricht bewusst von „plakativer Nähe“, wenn er solche oberflächlichen Konzepte meint. Der Unterschied zur echten Verbindung zeigt sich im Alltag – und vor allem in schwierigen Momenten.
Echte Kundenzentrierung bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Sie zeigt sich, wenn etwas schiefläuft. Wenn es im Service klemmt. Wenn ein Projekt ins Wanken gerät. Wer dann nicht abtaucht, sondern präsent bleibt, sich kümmert, lösungsorientiert handelt – der beweist, dass Kundennähe nicht bloß Versprechen ist, sondern innere Haltung.
Richter betont, dass dies nicht von allein entsteht. Es ist die Kultur im Unternehmen, die solche Haltung stärkt – oder verhindert. Bei Lenovo, so schildert er, ist diese Kultur bewusst aufgebaut: auf Verlässlichkeit, langfristigem Denken und einer gelebten Feedbackkultur. Kundenzentrierung wird nicht eingefordert, sondern ermöglicht.
Und gerade darin liegt der Unterschied: Plakative Nähe lebt von Slogans. Echte Verbindung wächst durch Verhalten.
Kundennähe ist leicht zu behaupten, solange alles nach Plan läuft. Doch ihre wahre Qualität zeigt sich im Umgang mit Herausforderungen. Florian Richter beschreibt eindrucksvoll, wie Servicekultur dann sichtbar wird, wenn sie am dringendsten gebraucht wird – in der Krise.
„Da sein, ruhig bleiben, analytisch vorgehen und das Problem gemeinsam lösen“, so beschreibt er den Unterschied zwischen reaktiver Schadensbegrenzung und verlässlicher Partnerschaft.
Zu echter Kundenzentrierung gehört auch der Mut, Nein zu sagen. Florian Richter bringt es auf den Punkt: „Manchmal ist das Ehrlichste, was du tun kannst, dem Kunden zu sagen: Wir sind in diesem Fall nicht der richtige Partner.“
Die Fähigkeit, Chancen realistisch einzuordnen und auch mal auf ein Geschäft zu verzichten, wird zum Vertrauensbeweis. Und sie zeigt: Wer sich nicht verbiegt, bleibt glaubwürdig.
Ein gelebtes Beispiel aus dem Alltag: Im Team von Florian Richter gilt die Regel, dass Kundentermine immer Vorrang vor internen Meetings haben. Ohne Ausnahme. Diese Haltung ist kein Detail, sondern Ausdruck einer konsequent gelebten Priorität.
Führung bedeutet auch, die Entwicklung anderer zu ermöglichen. Durch Mentoring, Vorbereitung auf Kundengespräche, Selbstreflexion – und durch Werkzeuge wie Typologien, die dabei helfen, Kommunikation bewusster zu gestalten.
Kundennähe ist kein Tool. Kein Projekt. Kein Buzzword. Sie ist eine Frage der Haltung – und der Entscheidung, Kunden nicht nur als Zielgruppe zu sehen, sondern als Partner.
Wer den Vertrieb so versteht, gestaltet Beziehungen. Wer Service so lebt, stiftet Wirkung. Und wer Führung so denkt, ermöglicht Entwicklung. Das ist es, was aus Kunden bessere Kunden macht – und aus Unternehmen bessere Unternehmen.
Jetzt reinhören: Die vollständige Podcastfolge mit Florian Richter findest du hier