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6 Mrz
6. März 2015
Wenn Kunden am Ende die Dummen sind

Callcenter können Kundenbeziehungen nachhaltig zerstören

 „Herzlich willkommen bei unserem telefonischen Kundenservice. Was darf ich für Sie tun?“ So oder ähnlich säuselt es am anderen Ende der Leitung. Die geschulte Stimme der Callcenter-Mitarbeiterin sorgt für eine angenehme Gesprächsatmosphäre. Was dann folgt, liegt ganz im Ermessen des Kunden und der Philosophie das Callcenters. Denn die Freundlichkeit hat – das liegt auf der Hand – System. „Wir wissen, dass die Mitarbeiter im telefonischen Kundenservice oftmals angewiesen sind, Kunden dumm zu halten“, sagt Ulrike Dolle. Sie ist Expertin für Servicekultur und mahnt das Agieren in den Callcentern seit langer Zeit an. „Die Kunden erhalten gezielt nur minimale Informationen und das führt dazu, dass sie falsche Entscheidungen treffen.“

Ein Beispiel: Die SIM-Karte für das Smartphone war defekt. Im Callcenter des TK-Dienstleisters war die erste Reaktion nach Schilderung des Falles: „Ersatz ist kostenpflichtig.“ Erst nach längerer mündlicher Verhandlung gab es die neue Karte kostenlos. Zurück blieb beim Kunden das Gefühl des hart erkämpften Triumphes; es wurden unnötig Zeit und Energie aufgewandt. Ohne Gegenwehr wären ihm Zusatzkosten entstanden. Das Unternehmen hätte profitiert.

Ohnehin ist das Kundenbeschwerdemanagement ein riesiger Wirtschaftsfaktor. „Man stelle sich vor, ein Unternehmen gewähre in jedem Fall Maximalkulanz. Das würde enorme Kosten verursachen“, sagt Ulrike Dolle.

Unlängst haben Journalisten aufgedeckt, dass die Fluggesellschaft Air Berlin die Kunden-Nachbetreuung mit einer speziellen Philosophie betreibt.

Mitarbeiter von Callcentern plaudern immer mal wieder aus dem sprichwörtlichen Nähkästchen. In die Medien gelangen zumeist nur Fälle, die sich bei größeren Unternehmen abgespielt haben. Dabei geht das Thema „Kundenzufriedenheit nach dem Kauf“ alle Firmen an, die mit Endkunden zu tun haben.

„Durch die Entwicklung der Technik und ausschweifende Datenbanken haben die Kundenbetreuer immer mehr Möglichkeiten, aber statt diese zum Wohl der Verbraucher zu nutzen, setzen sie die neuen Features eher gegen sie ein“, sagt die Kundenbeziehungs-Spezialistin.

Dabei ist es längst nicht nur eine gefühlt unendliche Wartezeit, die man in einer Warteschleife verbringt, wenn man eine Service-Hotline anruft. Erst Beharrlichkeit führt zum Ziel. Ein weiteres Beispiel: Ein weltweit tätiger Spielzeughersteller hat „aus technischen Gründen“ eine Kundenbestellung storniert. Per E-Mail kam eine nett formulierte Entschuldigung mit dem dezenten Hinweis, sich bei Rückfragen doch in der Serviceabteilung zu melden. An der Hotline wurde zunächst Bedauern bekundet. Als der Kunde sein Missfallen ausdrückte, hat die stimmlich geschult nette Callcenter-Mitarbeiterin einen Warengutschein angeboten. Der Bitte, den Gutschein noch etwas aufzustocken, wurde dann im nächsten Schritt entsprochen. Fazit: Nur der sich beschwerende Kunde wird belohnt.

„Das führt auf Dauer zu einem Anstieg der Beschwerden und zu überkritischen Kunden“, fürchtet Ulrike Dolle. Dabei könnten Unternehmen durch ein an absoluter Kundenfreundlichkeit orientiertes Beschwerdemanagement dem entgegen wirken.

Bislang wenig beachtet würden die Sozialen Medien als „Damoklesschwert“ über dem Kundenbeziehungsmanagement. Hier sieht Ulrike Dolle Gefahren für Unternehmen, aber durchaus auch Chancen: „Wer gut beraten ist, muss nicht um sein Renommee fürchten und spart eine Menge Geld, denn fragwürdiges Handeln wird in unserer Medienkultur sehr übel genommen.

Ulrike Dolle empfiehlt den Net Promoter Score (NPS) als Hilfsinstrument. Um diesen zu ermitteln, wird eine einzige Frage gestellt: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie das Unternehmen oder die Marke einem Freund oder einem Kollegen weiterempfehlen werden?“

Die sich daraus ableitenden Ergebnisse können mit einer Frage nach dem „Warum?“ und mit Verbesserungsvorschlägen verfeinert werden. „Wer die Rückmeldungen ernst nimmt und mit ihnen umzugehen weiß, ist auf dem besten Weg, erfolgreichen und ganzheitlichen Kundenservice zu betreiben“, sagt Ulrike Dolle

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